Gedenkveranstaltungen für „Märtyrer der Nächstenliebe“
Im Fokus: P. Richard Henkes Beziehung zu den Tschechen
Vallendar, 22.02.2015. Vor siebzig Jahren starb der Westerwälder Pallottinerpater Richard Henkes im KZ Dachau. Am Sonntag, seinem Todestag, gedachten die pallottinischen Gemeinschaften in Vallendar und Limburg des an Typhus verstorbenen Mitbruders. Henkes, der wegen seiner offenen Worte gegen das Nazi-Regime ins KZ verbracht worden war, hatte sich Ende 1944 freiwillig zur Pflege erkrankter Mithäftlinge gemeldet und sich nach etwa acht Wochen mit der tödlichen Krankheit angesteckt. Überlebende KZ-Priester hatten sich seit Beginn der achtziger Jahre für eine Seligsprechung von P. Richard Henkes stark gemacht. Im April 2003 wurde der Seligsprechungsprozess für den „Märtyrer der Nächstenliebe“ offiziell eröffnet.
Pontifikalamt in der Pallottikirche
Mit einem Pontifikalamt in der Pallottikirche in Vallendar wurde der Gedenktag anlässlich des 70. Todestages von P. Richard Henkes begonnen. Rund 300 Gläubige aus dem Kreis Mayen-Koblenz, dem Westerwaldkreis und aus Tschechien nahmen an dem Gottesdienst unter der Leitung des tschechischen Bischofs František Lobkowicz von Ostrava-Opava teil. Unter den Konzelebranten waren der Limburger Weihbischof Gerhard Pieschel, der Trierer Weihbischof Jörg Peters, der Pallottinerprovinzial Helmut Scharler sowie zwei tschechische Pfarrer. Bischof Lobkowicz legte in seiner Predigt den Ruf Jesu zur Umkehr angesichts des vielen Bösen in der heutigen Welt und auch in uns selber aus. Jesus habe das Böse bei der Versuchung in der Wüste besiegt und auch wir könnten mit der Hilfe der Gnade Gottes das Böse überwinden.
Musikalisch umrahmt wurde das Pontifikalamt von den Sängern des "ad hoc" Chores unter der engagierten Leitung von P. Alexander Diensberg SAC und der musikalischen Begleitung von P. Jörg Gattwinkel SAC. Höhepunkte waren Eigenkompositionen der beiden Leiter, wie zum Beispiel der stark rhythmisierte Eingangsgesang: „Hilf doch! Die Frommen schwinden dahin.“
Festakt in der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar
Die Beziehung von Josef Beran, dem späteren Kardinal von Prag, mit P. Richard Henkes im KZ Dachau stand im Fokus des anschließenden Festaktes im Richard-Henkes-Saal der Philosophisch-Theologischen Hochschule, an dem rund 100 Gäste teilnahmen. P. Richard Henkes war von 1941-1943 Pfarrer in Strandorf, dem heutigen Strahovice in Tschechien seelsorgerisch tätig und fand dort eine zweite Heimat. Im KZ begegnete er Josef Beran, eine Tatsache, die im heutigen Tschechien kaum bekannt ist. Das enge Verhältnis der beiden Geistlichen beleuchtete der Vizepostulator des Seligsprechungsprozesses für P. Richard Henkes, Prof. P. Dr. Manfred Probst in seinem Vortrag.
Neue Erkenntnisse zum Aufenthalt Berans im KZ Dachau lieferten Forschungsergebnisse der tschechischen Wissenschaftlerin Stanislava Vodičková aus Prag. Demnach soll der spätere Kardinal unter anderem in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren heimlich dafür gesorgt haben, dass seine Mithäftlinge besser mit Lebensmitteln versorgt wurden. Der österreichische Zeuge, der Priester P. Johannes Lenz, hat in seinem Buch „Christus in Dachau“ berichtet, dass Beran täglich 250 Zettel für Brotzeiten mehr herausgegeben hat, als es ihm erlaubt war.
Die Tschechische Bischofskonferenz sprach sich im Jahr 2000 einstimmig für die Seligsprechung der Naziopfer P. Richard Henkes und Kardinal Josef Beran aus, die als Vorbilder deutsch-tschechischer Versöhnung gesehen werden können.
Andacht in der Marienkirche und Gedenken am Grab
Das Gedenken an P. Richard Henkes wurde am Nachmittag mit einer Andacht in Limburg fortgesetzt. Rund 70 Gäste gedachten in der Marienkirche gemeinsam mit dem Rektor P. Leo Wiszniewsky des "Märtyrers der Nächstenliebe". In seiner Predigt ging er auf die sechs Jahre ein, die Richard Henkes in Limburg verbracht hat. Er wies darauf hin, dass dies für Henkes eine Zeit der Krise und schwieriger Entscheidungen war. Der Chor „St. Cäcilia“ aus Henkes Heimatort Ruppach-Goldhausen rundete mit seinen mehrstimmigen Gesängen die festliche Andacht ab.
Zum Abschluss versammelten sich Pallottiner und Gäste aus der Region und aus Tschechien am Grab von P. Richard Henkes, um Kränze niederzulegen und im stillen Gebet für seine baldige Seligsprechung zu bitten. Die Bürgermeisterin von Strahovice, Elen Malcharková, bekräftigte in ihrer kurzen Ansprache die enge Verbindung ihres Ortes mit dem ehemaligen Seelsorger, die bis heute Zeugnis von dem völkerversöhnenden Handeln des Pallottinerpaters Richard Henkes gibt.
Zur Person
Der im Jahre 1900 in Ruppach-Goldhausen/WW. geborene Pallottinerpater Richard Henkes strebte schon als Schüler im Studienheim Schönstatt (1912-1919) nach Wahrheit und Freiheit. Im Jahr 1925 wurde er zum Priester geweiht und ab 1926 war er als begeisterter und begeisternder Lehrer tätig. Ab dem Jahr 1931 wirkte er in Katscher, Frankenstein und in Branitz im östlichen Teil des damaligen Deutschen Reiches.
Nach einer Predigt am 7. März 1937 in Ruppach gegen die Nazis wurde er bei der Gestapo angezeigt und man leitete eine Untersuchung gegen ihn ein. Sie endete mit einer Verwarnung. Ebenfalls 1937 wurde er wegen einer Äußerung gegen Adolf Hitler in Katscher/Oberschlesien angezeigt. Der drohenden Verurteilung vor einem Sondergericht in Breslau entging er durch die Amnestie beim Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich.
Am 8. April 1943 wurde er wegen einer Predigt in Branitz/Oberschlesien verhaftet, in Ratibor gefangen gehalten und am 10. Juli 1943 ins KZ Dachau eingeliefert. Dort ließ er sich Ende November/Anfang Dezember 1944 freiwillig in der Zugangsbaracke 17 zur Pflege und Seelsorge Typhuskranker einschließen, steckte sich dabei an und starb am 22. Februar 1945 im KZ Dachau.
Seligsprechungsprozess
Dachauer KZ-Priester und der Richard-Henkes-Kreis haben sich seit 1982 für die Seligsprechung des Pallottiners eingesetzt.
Nach der Einigung zwischen der Bistumsleitung und den Pallottinern fand die feierliche Eröffnung des Bischöflichen Erhebungsverfahrens am 25. April 2003 in der Marienkirche der Pallottiner in Limburg statt.
Am 23. Januar 2007 konnte der damalige Limburger Bischof Franz Kamphaus mit einem Pontifikalamt in der St. Marienkirche den Abschluss des Bischöflichen Erhebungsverfahrens feiern.
Inzwischen ist die sogenannte „Positio“, das Grundsatzdokument für eine Seligsprechung, in italienischer Sprache bei der Kongregation für die Heiligsprechungen eingereicht. Sie hat bei den Historikern die erste Prüfungsrunde bestanden. Zurzeit wartet sie auf die Begutachtung durch die zuständige Theologen-Kommission.
Bei weiterführenden Fragen kontaktieren Sie bitte:
Prof. P. Dr. Manfred Probst SAC
Pallottistraße 3
56179 Vallendar
Tel.: 0261 - 6402 238