„Unsere Zeit braucht Christen vom Schlag eines Richard Henkes“
Festlicher Gottesdienst am Gedenktag des Seligen Pallottinerpaters in Limburg
„Vermutlich sind die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts mit denen des 21. Jahrhunderts vergleichbar“, sagte Pater Alexander Holzbach in seiner Predigt im Gottesdienst am 21. Februar. Mehr als 80 Gläubige feierten in der Marienkirche der Pallottiner in Limburg zusammen mit den Brüdern und Patres des Missionshauses den Gedenktag des Seligen Richard Henkes. Rektor Holzbach wörtlich: „Vor zehn oder zwanzig Jahren konnte ich mich nicht so gut in die Zeit von Pater Henkes hineinversetzen wie heute.“ Der selige Pallottinerpater sei sensibel gewesen für den Ungeist des immer stärker werdenden Nationalsozialismus Ende der 20er Jahre und habe spätestens bei dessen Machtübernahme realisiert, dass dessen Menschenbild nicht vereinbar sei mit dem christlichen. Der Prediger wörtlich: „Für Pater Henkes war klar, dass es keine Herrenmenschen gibt und Menschen zweiter Klasse, dass gesunde Menschen keinen höheren Wert haben als kranke und behinderte, und dass sie daher auch nicht eher ein Lebensrecht haben. Er war von der einmalig hohen Würde aller Menschen überzeugt.“ Diese Überzeugung habe Pater Henkes auf der Kanzel, in der Schule und als Exerzitienbegleiter vertreten.
„Seine Familie und auch Mitbrüder nannten das unvernünftig und unklug. Dahinter stand eine berechtigte Sorge. Zugleich wissen wir nicht, wie viele Menschen Pater Henkes innerlich gestärkt hat, auf dem Weg ihres Glaubens, auf dem Weg des christlichen Menschenbildes zu bleiben und das auch im Alltag, so gut es ging, zu leben“, sagte Pater Holzbach. Darum sei Pater Henkes auch die Begegnung auf Augenhöhe zwischen Deutschen und Tschechen in seiner Zeit als Pfarrer in Strandorf (heute Tschechien) so wichtig gewesen. Und der Gedanke der Versöhnung. Darum habe er Tschechisch gelernt in der Hoffnung, nach dem Krieg entsprechend wirken zu können.
„Sei vorsichtig! Halt lieber die Klappe!“
Pater Holzbach: „In dieser Zeit beschäftigt Richard Henkes die Frage: Werden die ihm anvertrauen Menschen dem verlockenden Zeitgeist mit seinen verführerischen Argumenten erliegen, oder werden sie dem Glauben, der Kirche, dem christlichen Menschenbild treu bleiben?“ Richard Henkes habe in dieser schwierigen Zeit trotz Risiko immer das offene Wort gewagt.
Dann blickte der Prediger in die Gegenwart und fragte: „Was machen Menschen etwa in Russland oder anderen diktatorischen Systemen, die auf Ungerechtigkeiten hinweisen? Sagen da nicht Familie und Weggefährten: Sei vorsichtig? Halt lieber die Klappe? Und da wird es überall Menschen geben, die wie Richard Henkes sagen: ‚Einer muss da sein, der es sagt!‘ Und sie machen sich damit angreifbar, setzen ihre Freiheit und ihr Leben aufs Spiel, wie wir aus der jüngsten Geschichte wissen.“
Pater Holzbach fragte weiter: „Was würde Richard Henkes dazu sagen, dass hierzulande Juden wieder Angst haben, zu sagen und zu leben, dass sie Juden sind. Dass hierzulande Menschen und Parteien betonen, ‚die da‘ gehören zu uns und ‚die da‘ nicht?“
Der Rektor beendete seine Predigt: „Unsere Zeit braucht Christinnen und Christen von einem Schlage und einer Statur von Richard Henkes, die wachsam achten auf das christliche Menschenbild von der gleichen Würde aller Menschen, da wir alle als Ebenbilder Gottes geschaffen sind, wie es die Bibel sagt, und wie es Vinzenz Pallotti seiner Gründung ins Stammbuch geschrieben hat. Insofern war Richard Henkes ein guter Pallottiner, ein guter Priester, ein guter Christ, den wir heute hier zurecht ehren, in Dankbarkeit für sein Leben und Wirken bis in den Tod damals, und als Ansporn für uns heute. Amen.“
Gebet an der Stele. Einzelsegen mit dem Reliquiar.
Vortrag von P. Hubert Lenz
Im Anschluss an die Predigt ging der Rektor zu der Henkes-Gedenkstätte in der Pieta-Kapelle der Marienkirche und betete in verschiedenen Anliegen der Gegenwart (Kasten). Nach der Eucharistiefeier erteilte er den Einzelsegen mit dem Henkes-Reliquiar, der mit der Bitte um immer neue Kraft zur Versöhnung verbunden war.
Am Vortag hatte P. Hubert Lenz die Brüder und Patres des Missionshauses auf den Gedenktag des Seligen eingestimmt. Der ehemalige Philosophieprofessor hat in Vallendar die Stiftung „Haltung heute“ gegründet, um die Botschaft des Lebens und Sterbens von Pater Henkes wach zu halten und zu aktualisieren. In seinem Vortrag verknüpfte er Einstellungen von Vinzenz Pallotti und Richard Henkes. Beide seien von einer unglaublichen Leidenschaft für Gott und die Menschen erfasst gewesen. In beider Leben habe es äußerst schwierige Momente gegeben. „Ihr Gottvertrauen, ihr Glaube an ihre Berufung und Sendung, ihre Liebe zu den Menschen half ihnen, nicht einzuknicken.“
Kozelebration in der Marienkirche
Einzelsegen mit Henkes-Reliquiar