Zwischen Prag und Breslau
Eine Reise zu Wirkungsstätten von Pater Richard Henkes
Zwei Mal hatte die Reise Corona-bedingt verschoben werden müssen. Im Mai diesen Jahres konnte sie endlich durchgeführt werden. Infolge der Seligsprechung im September 2019 war die Idee dazu geboren worden.
Prag und Olmütz und Ratibor
Erstes Ziel der Pilgergruppe war Prag. Hier war Pater Henkes nie gewesen. Die Stadt war aber nicht allein wegen ihrer Geschichte und ihrer Schönheit Auftakt der Reise. Im Veitsdom ist die Grablege von Kardinal Josef Beran. Er war als Regens des Prager Priesterseminars 1942 nach Dachau verfrachtet worden. Bei ihm vertiefte Pater Henkes seine tschechischen Sprachkenntnisse. Mit ihm unterhielt er sich oft über seine Pläne, nach dem Krieg wieder in der Seelsorge im deutsch-tschechischen Grenzgebiet zu arbeiten. Das Seligsprechungsverfahren für Beran, der zunächst unter den Nazis, dann unter den Kommunisten viel zu leiden hatte, wird von Deutschland aus stark von Pater Manfred Propst (Vallendar) gefördert, der letztlich ja auch der Motor des Seligsprechungsverfahren für Pater Henks gewesen war. Ihren Sonntagsgottesdienst feierte die Gruppe in der Kirche der Deutschen Gemeinde von Prag, St. Johannes Nepomuk am Felsen.
Bronze-Büste Kardinal Josef Berans an seinem Sarkophag im Veits-Dom in Prag
Auf dem Weg nach Polen legte die Gruppe einen Zwischenstopp in Olmütz ein. Das Dörfchen Strandorf (heute Strahovice) im Hultschiner Ländchen, in dem Pater Henkes Pfarrer war, gehörte ursprünglich zum Erzbistum Olmütz. Als das Gebiet 1742 an Preußen kam, entstand das Generalvikariat Branitz. Hier wirkte zu Zeiten von Pater Henkes Prälat Josef Nathan, der neun Pallottinerpatres in seinem Sprengel unterbrachte, um sie vor dem Zugriff des Staates zu schützen. Von Branitz aus gab es immer eine gute kirchliche Verbindung nach Olmütz über alle Landesgrenzen hinweg. Nach der Besichtigung der schönen Stadt ging die Fahrt weiter ins polnische Ratibor. Von hier aus wurden in den nächsten Tagen wichtige Ausflüge unternommen. Zunächst aber gab es eine Stadtbesichtigung. Man weiß heute nicht mehr, in welchem Gefängnis Pater Henkes nach seiner Verhaftung am 8. April 1943 einsaß. Die Stadtführerin zeigte der Gruppe eine Stele, die man nach der Seligsprechung als Erinnerung an Pater Henkes aufgestellt hat.
Die Stadtführerin in Ratibor zeigt die Gedenkstele für Pater Richard Henkes
Wallfahrtsort Sankt Annaberg
Auf dem Annaberg, dem wichtigsten Schlesischen Wallfahrtsort, an dem Richard Henkes oft gepredigt hatte, erläuterte ein Franziskaner den Reisenden die wechselvolle Geschichte dieses historischen Ortes. Hier las in einer Andacht Pater Alexander Holzbach aus einem Brief, den Pater Henkes im Gefängnis in Ratibor geschrieben hatte, und wies auf die Spiritualität und die Haltung hin, die aus diesen Zeilen sprechen und Vorbild sind für heute.
Strahovice
Der Höhepunkt der Reise war der Besuch in Strahovice (Tschechien). Hier war Pater Henkes ab April 1941 Pfarrer. Da die Bürgermeisterin, Frau Elen Malcharek, verhindert war, begrüßte ihr Mann Karel die Gruppe und lud zunächst im Gemeindehaus zu Kaffee und Kuchen ein. Dann feierte man zusammen mit vielen Leuten aus Strahovice in der Pfarrkirche die Hl. Messe. Zu Beginn begrüßte Pfarrer Vlastimil Krajcovic die Gäste aus Deutschland. Nach dem Gottesdienst wurden Blumen am Henkes-Denkmal vor der Kirche niedergelegt. Anschließend fand eine kurze Andacht in der Marienkapelle statt, in der Pater Henkes das Schönstatt-Marien-Bild angebracht hatte. Hier war das gemeinsam in deutscher und tschechischer Sprache gesungene „Segne du, Maria“ besonders bewegend. Anschließend ging es wieder ins Gemeindehaus zu Gulaschsuppe und bestem tschechischen Bier, zu Kaffee und Kuchen. Und ein kleines Geschenk für alle Gäste gab es auch noch. Man spürte die Freude der Menschen in Strahovice über den Besuch; einige von ihnen waren auch schon in Ruppach-Goldhausen, der Heimat von Pater Henkes, gewesen.
Denkmal für Pater Henkes vor der Pfarrkirche St. Augustinus in Strahovice
In Strahovice ist das Henkes-Gedenken sehr lebendig
P. Richard Henkes hatte in der Kapelle in Strahovice das Bild der Schönstatt-Madonna angebracht
Branitz
In Branitz (Polen) begrüßte Pfarrer Alois Nowak die Pilgergruppe. Er erläuterte die Geschichte der Heilanstalten und des Exerzitienhauses. Beides hatte Prälat Nathan ins Leben gerufen. Er hatte auch Pater Henkes für Predigten und Exerzitien in Branitz „entdeckt“. In der Anstalts-Kirche, die von einem Bruder aus Maria Laach im Beuroner Stil ausgestaltet worden war, hielt Pater Henkes seine letzte öffentliche Predigt, bevor er verhaftet wurde. Auch in dieser Predigt wandte er sich gegen das nationalsozialistische Menschenbild, in dem z. B. für die Kranken in Branitz kein Platz war. Ihren Abtransport hatte Henkes in einer seiner Predigten „Mord“ genannt.
Pfarrer Alois Nowak erläutert in der Kirche in Branitz die Geschichte der dortigen Heilanstalten
Frankenstein
Rektor Pater Marek empfing die Gruppe in Frankenstein (Polen). Hier wirkte Henkes seit 1937. Schon seit 1931 war er im nahen Katscher tätig gewesen; er gab Unterricht an den Pallottiner-Schulen, hielt Predigten, gab vielbesuchte Exerzitien. Das 1923 von Limburg aus gebaute Haus in Frankenstein ist heute Noviziat und Exerzitienhaus der pallottinischen Mitbrüder. Richard Henkes hatte als Student beim Bau mitgeholfen und war diesem Haus sehr verbunden. Hier feierten die Reisenden die Heilige Messe, anschließend gab es bei den Pallottinern Mittagessen und angeregte Gespräche mit den polnischen Patres.
Der freundliche Rektor des Pallottiner-Hauses in Frankenstein, Pater Marek, vor der Gedenktafel im Richard-Henkes-Saal
Breslau
Letzte Station der Reise war Breslau. Hier wohnte ein Bruder von Pater Henkes, den er mehrmals besuchte. Hier stand er 1937 vor Gericht, als er wegen einer witzigen Bemerkung über „den Führer“ angezeigt worden war. Einen Henkes-Gedenk-Ort gibt es in Breslau nicht. Für die Pilgergruppe auf den Spuren von Pater Henkes in Schlesien war die Stadt mit ihrem Dom und dem wunderschönen Marktplatz ein willkommener Ort, die vielen Eindrücke nachklingen zu lassen. Einige Mitreisende sagten, dass sie in den zurückliegenden acht Tagen, Pater Henkes und seine Haltung ganz neu kennen und schätzen gelernt hätten. Genau das war ja auch der Sinn der Reise.
P. Alexander Holzbach
Nach der Hl. Messe wurden am Henkes-Denkmal Blumen niedergelegt